Wo soll man mit dem Aushubmaterial hin? Das ist die Frage, die sich alle Unternehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Bauwirtschaft stellen. Im Wallis sind die Unternehmen nämlich ein wenig auf sich allein gestellt, um die Problematik im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung zu lösen, die besonders komplex, ja sogar unvereinbar ist mit der Realität vor Ort.
«Der rechtliche Rahmen des Kantons stützt sich auf die Bundesgesetzgebung ab, die bestimmt, dass die landwirtschaftlichen und natürlichen Flächen intakt zu erhalten sind», erläutert der Präsident des WBV, Gaëtan Reynard. «Vor einigen Jahren schlugen wir eine Ausschreibung für die Sanierung der landwirtschaftlichen Zonen vor. Das hätte uns ermöglicht, die Praxis der Unternehmer und Landwirte besser zu verfolgen und insbesondere die Nachverfolgung des Aushubmaterials und dessen Wiederverwertung an Schlüsselstandorten zu überwachen.»
Politische Passivität
Aufgrund der geringen Reaktivität und Zuhörbereitschaft der politischen Behörden, einer unrealistischen Gesetzgebung und einer fehlenden Interessenabwägung zwischen manchmal widersprüchlichen Reglementen müssen sich die Unternehmen so gut organisieren, wie sie nur können. Eine undurchsichtige Situation, die mit Komplikationen und Missbräuchen auf Kosten der Unternehmer einhergeht.
«Heute stehen die Unternehmen unlösbaren Problemen gegenüber. Sie bezahlen einen hohen Preis aufgrund der fehlenden Möglichkeiten und Standorte für eine vorübergehende oder definitive Lagerung», fügt Gaëtan Reynard an. «Ein klarer gesetzlicher Rahmen ist zwingend nötig. Dieser muss gleichzeitig die Realität vor Ort, die Bedürfnisse aller Beteiligten sowie die lobenswerten Ziele der Wiederverwertung und des Schutzes berücksichtigen. Damit könnte Missbrauch verhindert und ein Beitrag zu einer transparenten Praxis geleistet werden. Eine überarbeitete und kohärente Regelung würde ebenfalls zur Sanierung der landwirtschaftlichen Zonen beitragen, die sogar von den Landwirten selbst gewünscht wird. Eine solche Lösung würde übrigens auch dazu führen, dass weniger Aushubmaterial zu den Deponien transportiert werden müsste. Das Material könnte stattdessen wiederverwertet werden. In diesem Sinn vereinen wir unsere Kräfte, um auf kantonaler Ebene einen ständigen Dialog mit der Verwaltung aufrechtzuerhalten und auf nationaler Ebene insbesondere die eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier für diese Thematik zu sensibilisieren.»
Wie sieht es mit der Aufbereitung des Aushubmaterials aus?
Theoretisch müsste das Aushubmaterial der verschiedenen Bodenschichten in drei Schichten aufgetrennt werden. Es handelt sich um die Bodenhorizonte A und B, die sich grundsätzlich weniger als einen Meter unter der Erdoberfläche befinden. Darunter liegt der Bodenhorizont C, der aus Sand, Kies, Schiefer und anderen Materialien besteht, von denen einige Bruchteile zum Beispiel für die Herstellung von Beton interessant sind.
Diese Trennung erfordert allerdings einerseits Platz für die vorübergehende Lagerung und andererseits Platz für die definitive Lagerung (Deponien des Typs A) des nicht wiederverwertbaren Materials. Bei der provisorischen Lagerung sollte das Aushubmaterial idealerweise nicht höher als 2.50 Meter aufgeschichtet werden, um eine Kompression der Horizonte A und B zu verhindern, mit der die organische Qualität dieser Horizonte Schaden nimmt. Aber auf den Baustellen fehlt der Platz für diese Art von Lagerung. Das führt uns zur Problematik der fehlenden Deponien und Lagerplätze.
Fehlende Deponien: was unternehmen die Gemeinden?
Mit zusätzlichen Deponien und Lagerzentren auf dem Kantonsgebiet könnte auch die Tätigkeit der Unternehmer besser begleitet werden. Diesbezüglich zeigen sich die Gemeinden eher zögerlich. Sie neigen nicht dazu, solche Standorte zu eröffnen. Diese Passivität der Gemeindebehörden kann vielleicht damit erklärt werden, dass die Anwohner die Tätigkeiten in Zusammenhang mit den Deponien mit Lastwagenverkehr, Staub und Lärm verbinden. Zudem entstehen zum Beispiel für den Strassenunterhalt zusätzliche Kosten.
«Die Eröffnung neuer Deponien ist jedoch dringend», erklärt Gaëtan Reynard. «Die Gemeinden müssen für die urbanen Entwicklungen und die daraus entstehenden Kosten aufkommen, indem sie Standorte dieser Art eröffnen.»
Theorie und Praxis stimmen nicht überein
Für den kantonalen Pedologen, Frédéric Schlatter, besteht die grösste Herausforderung in erster Linie darin, die Unternehmen besser zu informieren und ihre Tätigkeit zu begleiten, ohne sie zu behindern oder im administrativen Bereich zu überlasten. «Die Akteure der Bauwirtschaft stehen vor Ort bereits grossen logistischen Problemen gegenüber. Auf den Baustellen gibt es zu wenig Platz, um eine erste Trennung des Aushubmaterials vorzunehmen. Für eine effiziente Trennung muss jedoch ein gewisses Protokoll eingehalten werden.»
Denn das Aushubmaterial besteht aus mehreren unterschiedlichen Schichten. Beim Bodenaushub trifft man im Allgemeinen auf zwei Hauptschichten, deren Eigenschaften und Rollen innerhalb des Ökosystems unterschiedlich sind (in der Pedologie spricht man von Horizonten, um diese Schichten zu definieren Anm.d.R.). Der erste Horizont A besteht aus Erdmaterial. Es handelt sich um einen Humus von rund 30 cm Tiefe. Er ist biologisch aktiv, besonders reich an organischem Material und Nährstoffen für die Pflanzen. Darunter liegt der Horizont B. Er spielt eine Schlüsselrolle für die Fruchtbarkeit, weil er die Luft- und Wasserzirkulation ermöglicht, welche die Pflanzen benötigen. Diese Zusammensetzung fördert ebenfalls den Widerstand der Pflanzen bei unvorhersehbaren klimatischen Veränderungen wie Trocken- oder Regenperioden.
«Das Projekt, an dem wir insbesondere über das kantonale Kompetenzzentrum Boden arbeiten, besteht in der Förderung der Kenntnisse und der Trennung vor Ort. Zudem soll das Erdmaterial (Horizonte A und/oder B) für beschädigte landwirtschaftliche Böden aufbereitet werden, die potenziell saniert werden können», fügt Frédéric Schlatter an. «Betreffend das Aushubmaterial des Horizonts C hofft der Kanton, dass er die Gemeinden dazu anregen kann, sich besser untereinander zu verständigen, um Standorte für die Trennung und die definitive Lagerung (Deponie des Typs A) zu schaffen. Mit der Optimierung der Art und der Qualität des wiederverwertbaren Erdmaterials könnten so negative Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Böden verhindert werden. Oft ist auch eine gewisse Unwissenheit und Verwirrung in Bezug auf den Horizont B und den Untergrund (Horizont C) festzustellen. Die beiden Schichten werden deshalb leider manchmal miteinander vermischt.»
Die 4 Grundsätze
Grundsatz 1
Den Humus (Horizont A), die mineralische Erde (Horizont B) und den Untergrund (Horizont C) erkennen und separat abtragen / ausheben
Grundsatz 2
Den gesamten Humus (Horizont A) in der Landwirtschaftszone wiederverwerten
Grundsatz 3
Die mineralische Erde (Horizont B) möglichst vor Ort wiederverwerten und das überschüssige Material in der Landwirtschaftszone einsetzen
Grundsatz 4
Den Untergrund (Horizont C) so weit wie möglich vor Ort (unter den Fundamenten des künftigen Bauwerks) wiederverwerten
Übliche Praktiken auf Baustellen
Der Oberboden (A-Horizont) wird nur auf dem begrenzten Gelände der Baustelle abgetragen. Er wird gelagert und dann vor Ort für die Außenanlagen wiederverwendet oder für andere Außenanlagen exportiert.
Empfohlene Praktiken auf Baustellen
Der Oberboden (A-Horizont) muss auf der gesamten Fläche der Baustelle und auf den Zufahrtswegen abgetragen werden. Er muss exportiert und vorrangig in landwirtschaftlichen Gebieten wiederverwertet werden.
Die mineralische Erde (B-Horizont) wird teilweise und nur auf dem Gelände des Gebäudes abgetragen. Sie wird vor Ort gelagert und für die Außenanlagen wiederverwendet.
Die mineralische Erde (B-Horizont) muss unterhalb des Baugrundes vollständig abgetragen werden. Sie wird vor Ort gelagert, um für die Außenanlagen wiederverwertet zu werden.
Der Untergrund (C-Horizont) wird auf dem Gelände des Gebäudes ausgehoben. Er wird auf einer Deponie oder in einer landwirtschaftlichen/vivitischen Zone entsorgt. Die Fundamente des Gebäudes werden auf dem teilweise abgetragenen B-Horizont errichtet.
Der Untergrund (C-Horizont) sollte nach Möglichkeit ausgehoben und vor Ort in seiner Gesamtheit als Unterbau für Fundamente (Zugang, Gebäude, Damm, etc.) wiederverwertet werden. Überschüssiger Boden sollte in Auffüllgebieten (Deponie Typ A) endgültig gelagert werden.
Diese Wiederverwertungsprinzipien müssen die verschiedenen geltenden gesetzlichen Grundlagen (insbesondere VVEA, VBBo) beachten, unter anderem in Abhängigkeit von der Qualität des Materials (Verschmutzung, Korngröße, Textur usw.) und dem Schutz des Grundwassers.