«Der Dialog zwischen den Jugendlichen und der Berufswelt muss verstärkt werden.»

Der Mangel an Arbeitskräften ist in der Baubranche seit vielen Jahren stark spürbar. Heute, nach der massiven Pensionierung der Babyboomer, weitet sich die Situation auf fast alle Tätigkeitsbereiche aus. Für die Leiterin des Amtes für Berufsbildung Tanja Fux, müssen mehrere Wege in Betracht gezogen werden, um die Jugendlichen zu sensibilisieren und sie für die Schlüsselbranchen zu gewinnen, aber nicht nur das. Denn es geht auch und vor allem darum, Schlüsselpartner zu erreichen, angefangen bei den Eltern dieser zukünftigen Berufsleute. Ein weiterer Hebel, den es zu aktivieren gilt, ist die Entwicklung von Möglichkeiten und Angeboten für Umschulungen. Dieser Prozess, der sich vor allem auf Dienstleistungsberufe konzentriert, muss auch auf den Hoch- und Tiefbausektor ausgeweitet werden. Interview

In der Bauwirtschaft ist diese Problematik bereits seit längerer Zeit bekannt. Der Sektor ist weiterhin vom Mangel an Arbeitskräften betroffen. Allerdings haben auch andere Bereiche mit fehlenden Fachkräften zu kämpfen. Das Gesundheitswesen, die IT-Branche und der Tourismus haben die grösste Mühe, junge Talente zu rekrutieren. Es handelt sich also um eine globale Situation, die sich insbesondere mit demografischen Faktoren erklären lässt. Die Generation der «Baby-Boomer» erreicht nämlich jetzt das Pensionsalter. In den Berufen der Bauwirtschaft stellt sich also neben dem fehlenden Interesse der Jugendlichen auch noch dieses demografische Problem. Für Tanja Fux, Chefin der Dienststelle für Berufsbildung, ist es unerlässlich, die Jugendlichen anzuziehen, die Partner – darunter auch die Eltern – über die beruflichen Möglichkeiten zu informieren und den Dialog mit der Berufswelt zu verstärken. Zur Abdeckung des Bedarfs der Wirtschaft müssen jedoch auch noch andere Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

Wie positioniert sich die Dienststelle für Berufsbildung in Bezug auf das Problem der fehlenden Arbeitskräfte in der Bauwirtschaft?

Das Problem beschäftigt die Branche seit vielen Jahren. Heute handelt es sich um eine globale Thematik, da auch zahlreiche andere Bereiche betroffen sind. In erster Linie ist es ein demografisches Phänomen in Zusammenhang mit der alternden Bevölkerung. Viele Arbeitskräfte werden in nächster Zeit pensioniert und gleichzeitig entwickelt sich die Walliser Wirtschaft immer weiter. Alle Tätigkeitsbereiche sind betroffen. Allerdings ist die Bauwirtschaft bereits seit längerer Zeit mit diesem Problem konfrontiert.

Wie können die Kommunikation und die Sensibilisierung gefördert werden?

Die Kommunikation muss verstärkt werden, um die Vorurteile und die falschen Ideen, die im kollektiven Unterbewusstsein vorhanden sind, endlich zu beseitigen. Die Berufe haben sich entwickelt. Die Mechanisierung und die technologischen Fortschritte haben wesentlich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Berufen der Bauwirtschaft beigetragen. Den Jugendlichen muss aufgezeigt werden, welche Karrieren in diesen Berufen offenstehen. Eine Möglichkeit, die noch ausgebaut werden könnte, ist der Einsatz von Botschafterinnen und Botschaftern.

Wie kann man die Wahrnehmung der Branche in der Schule und den Dialog mit den Wirtschaftsakteuren des Sektors verbessern?

In Zusammenhang mit der Berufsorientierung sind bereits zahlreiche Projekte umgesetzt worden. Beispiele dafür sind die Berufsmesse YourChallenge, die Berufstage, die Treffen zwischen Wirtschaftsvertretern und Schülerinnen und Schülern oder die Praktika. Diese Projekte müssen jedoch auf das gesamte Kantonsgebiet ausgeweitet werden, damit alle Walliser Schülerinnen und Schüler davon profitieren können. Dann muss man auch wissen, dass nicht ein Sektor zulasten der übrigen Branchen bevorzugt werden kann. Gegenwärtig bekunden zahlreiche Ausbildungsgänge Probleme bei der Rekrutierung des Nachwuchses. Sie würden alle eine stärkere Präsenz in den Orientierungsschulen benötigen, aus denen die künftigen Lernenden hervorgehen. Unser duales System ist weltweit das erfolgreichste Ausbildungssystem. Wir müssen es den Jugendlichen als erste Wahl vermitteln.

Wie ist der Zeitpunkt der Wahl für die Jugendlichen zu beurteilen? Sollte er nach Abschluss der Orientierungsschule oder bereits früher festgelegt werden?

Ja und nein. Die Jugendlichen müssen sich in ihrem Leben bereits relativ früh entscheiden. Aber der Prozess erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Man sollte deshalb besser antizipieren und bereits die Kinder von ihren künftigen Möglichkeiten träumen lassen. Dazu braucht es auch eine bessere Sensibilisierung der Eltern in Bezug auf die beruflichen Möglichkeiten, die sich ihren Kindern im aktuellen Wirtschaftsumfeld bieten.

Müssen auch die Lehrpersonen und die Berufsberaterinnen und -berater anders für die Anliegen und Bedürfnisse des Marktes sensibilisiert werden?

Es ist tatsächlich wichtig, dass die Lehrkräfte die verschiedenen Ausbildungsgänge und die Veränderungen in Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt kennen. Das kann zum Beispiel über entsprechende Weiterbildungen erfolgen. Die Schule muss allerdings in Bezug auf die verschiedenen Wirtschaftssegmente und ihre spezifischen Bedürfnisse eine gewisse Neutralität an den Tag legen. Es sind auch und vor allem die Berufsverbände, die sich mobilisieren müssen. Vergessen wir nicht, dass die Lehrpersonen den Jugendlichen bis zum Abschluss der Orientierungsschule in erster Linie grundlegende Kompetenzen sowie die Interdisziplinarität der Kenntnisse und des Wissens zu vermitteln haben.

Um mehr Fachkräfte zu rekrutieren, konzentriert man sich logischerweise auf die Jugendlichen. Sollte man zum Beispiel im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung nicht auch gezielt die Erwachsenen ansprechen?

Natürlich. Im Übrigen gibt es bereits heute Ausbildungsgänge für Erwachsene, die ihre praktischen Kompetenzen zertifizieren lassen möchten, welche sie sich während ihrer Berufslaufbahn angeeignet haben. Die Erwachsenen können mit einer verkürzten Ausbildung, einer Validierung von Bildungsleistungen oder gemäss Artikel 32 mit einer Prüfung einen eidgenössisch anerkannten Abschluss erwerben. Wie die Bauwirtschaft könnten auch andere Wirtschaftszweige unseres Kantons von dieser Zertifizierung erwachsener Personen profitieren, um den Mangel an qualifiziertem Personal zu kompensieren. Eine weitere Möglichkeit zur Rekrutierung künftiger Fachkräfte bietet sich mit dem EBA an. Dieser Ausbildungsgang ist bei Jugendlichen und Unternehmen noch relativ unbekannt. Er verdient jedoch eine grössere Aufmerksamkeit, da er auch die Ausbildung von Jugendlichen ermöglicht, die mehr Zeit benötigen, um ein EFZ zu erlangen.

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