«Die Unternehmen müssen die Jugendlichen gezielter ansprechen.»

Für den Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft und Bildung, Christophe Darbellay, verdient die Berufsbildung eine bessere Anerkennung. Das duale System der Schweiz ist immer noch einmalig, aber der Dialog zwischen Jugendlichen, Eltern und Wirtschaftsakteuren muss intensiviert werden.

Im Wallis wenden sich fast zwei Drittel der Jugendlichen nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit der Berufsbildung zu. Damit ist das Wallis in Bezug auf die Grundbildung einer der am besten positionierten Kantone der Schweiz. Das duale Schweizer System begeistert zwar weiterhin einen grossen Teil der künftigen Arbeitskräfte. Allerdings stehen wir heute neuen Herausforderungen gegenüber wie zum Beispiel die demografische Dynamik, dem Mangel an qualifizierten Profilen, aber auch dem aktuellen Image der Grundbildung bei Jugendlichen, Eltern und Lehrpersonen. Gespräch mit dem Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft und Bildung, Christophe Darbellay.

Welche Herausforderungen warten im Rahmen einer Grundbildung auf die Jugendlichen in Bezug auf ihre Integration in den Arbeitsmarkt?

Für die Jugendlichen stellt der Übertritt von der Schule in die Berufswelt eine grosse Veränderung dar. Der Wechsel von 38 Schulwochen auf 47 Arbeitswochen ist, abgesehen vom sozialen Druck in Zusammenhang mit der Unterzeichnung des ersten Vertrags, ein bedeutender Systemwechsel. Die Begleitung durch die Eltern, das Unternehmen und die Schule ist entscheidend, um eine Demotivation oder gar einen Abbruch der Grundbildung zu verhindern. Gegenwärtig ist festzustellen, dass die Jugendlichen weniger früh mit der Arbeitswelt in Kontakt kommen, was den Graben zwischen Schule und Berufswelt noch vertieft. Die früheren Generationen arbeiteten in den Rebbergen oder halfen in der Werkstatt des Familienbetriebs aus. Damals wurde die Arbeitswelt also auf eine andere Art und Weise entdeckt.

Welches Ziel verfolgt Ihre Offensive für die Berufsbildung?

Wir müssen uns an die Entwicklung unserer Gesellschaft anpassen. Im Wallis geniesst die Grundbildung immer noch einen sehr hohen Stellenwert. Aber der Kanton wird urbaner. Er entwickelt sich und verfügt im Vergleich zu anderen Kantonen über ein sehr dynamisches Bevölkerungswachstum. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die alle Akteure der Berufsbildung umfasst, um Konsolidierungsmassnahmen vorzuschlagen. Die soziale Anerkennung der Grundbildung und die Rolle der Eltern erweisen sich als massgebend, da sie die Karrierewahl ihrer Kinder zu rund 70 % beeinflussen.

Was kann man in Bezug auf das Image tun, damit die verschiedenen Beteiligten, darunter auch die Eltern, der Grundbildung mehr Bedeutung zumessen?

Die Berufsverbände unternehmen diesbezüglich bereits grosse Anstrengungen, insbesondere über die verschiedenen Berufsmessen und Anlässe wie zum Beispiel Your Challenge, die rund um die Berufsbildung organisiert werden. Auch die Möglichkeiten eines Praktikums müssen noch vermehrt genutzt werden. Es sind nämlich ausgezeichnete Gelegenheiten, um die in Betracht gezogenen Berufe konkret zu entdecken. Wir stehen in unserem Kanton auch einer demografischen Entwicklung mit einer ungünstigen Alterspyramide gegenüber. Es gibt zu wenig Jugendliche, um die Pensionierung der Baby Boomer zu kompensieren. Deshalb fehlen uns in immer mehr Tätigkeitsbereichen die Arbeitskräfte. Und in einer Zeit der Vollbeschäftigung ist das noch kritischer.

Beim Interview war das Team des Regionalfernsehens Kanal9 anwesend.

Muss man in diesem Sinn die Ausbildungsgänge auch vermehrt für Erwachsene mit unvollständiger Ausbildung oder in Umschulung sowie für Migrantinnen und Migranten öffnen?

Um der demografischen Tendenz entgegenzuwirken, müssen wir das Rekrutierungsfeld ganz klar öffnen. Wir sollten das Potenzial der Migration besser nutzen, indem wir die Jugendlichen, die zu uns kommen, integrieren und ausbilden. Wir können den Übertritt von der Schule in die Berufsbildung auch beschleunigen, indem wir eher die duale Grundbildung als die Berufswahlschulen fördern. In Bezug auf die berufliche Umschulung bietet zudem der riesige Bedarf an Arbeitskräften in Zusammenhang mit der Energiewende sehr interessante Perspektiven. Die Berufsbildung ist zwar die Grundlage, aber die Weiterbildung bleibt unabdingbar, da sich die Berufe immer schneller weiterentwickeln. Heute ist praktisch niemand mehr 40 Jahre im gleichen Beruf tätig.

Unter anderem gibt es auch in der Bauwirtschaft Berufe, welche die Jugendlichen immer weniger interessieren. Muss man darüber besorgt sein, und wie könnte man das Problem angehen?

Das Problem bereitet uns wirklich Sorgen, weil der Bedarf in diesen Tätigkeitsbereichen immer noch sehr gross ist. Die Akteure der Bauwirtschaft spielen für die Wirtschaft des Kantons zum Beispiel beim Strassenbau und -unterhalt, bei der Energiewende oder bei den Naturgefahren eine massgebende Rolle. Deshalb muss mit Nachdruck auf die Vorteile der technologischen Entwicklung für die Branche hingewiesen werden, insbesondere in Bezug auf die Erleichterung der schweren Arbeiten. Das erklärt auch, warum man in einigen dieser Berufe immer mehr Frauen findet. Ausserdem muss betont werden, dass diese Berufe ausgezeichnete Karrieremöglichkeiten mit attraktiven Löhnen bieten.

Welche Massnahmen können insbesondere die Unternehmen noch ergreifen?

Die Unternehmen des französischsprachigen Wallis könnten sich vom Oberwalliser Modell inspirieren lassen, das über eine dichte Vernetzung zwischen der allgemeinen Bevölkerung, den Jugendlichen und den Wirtschaftsakteuren verfügt. Um den hohen Bedarf an Arbeitskräften aufgrund ihres intensiven Wachstums zu decken, hat die Lonza zum Beispiel Treffen und Aktivitäten organisiert, mit denen sie den Jugendlichen ihre Trümpfe aufzeigt. An diesen Veranstaltungen entdecken die Jugendlichen die Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven in Zusammenhang mit den Gruppenaktivitäten und werden gleichzeitig für die Vorteile einer Karriere bei der Lonza sensibilisiert. Die Unternehmen müssen also die Jugendlichen gezielt ansprechen und sich mit der Realität sowie den Erwartungen und Wünschen ihrer zukünftigen Arbeitskräfte konkret auseinandersetzen.

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